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Gastfreundschaft

Warum sind Menschen, die selbst wenig zum Leben haben und ständig überlegen müssen, wie sie ihre Familie durch das nächste Jahr bringen, oft trotzdem so unglaublich gastfreundlich? Mich als Deutsche stimmt diese Offenheit und Herzlichkeit ohne Gegenerwartung oft nachdenklich.

Während meiner Zeit in Kambodscha habe ich schon des Öfteren kleinere und größere Gesten der Gastfreundschaft erleben dürfen. Neugierige Menschen auf der Straße, die dich ungezwungen ansprechen und einfach nur interessiert an der anderen Kultur sind. Eine Einladung zu einer dreitägigen Familienzeremonie von einer Kollegin. Obstgeschenke von den Farmern, die ich betreue, obwohl sie damit das sehr notwendige Geld verdienen könnten.

Es kann auch vorkommen, dass man zu einer wildfremden Hochzeit eingeladen wird - einfach weil man großes Interesse daran äußert.

Warum ich euch aber jetzt davon erzähle? Nun, vor ein paar Tagen ist mir und meinen Eltern ein weiteres Paradebeispiel wiederfahren, über das ich mir auch jetzt noch die Augen reibe und überlege, ob es wirklich kein Traum war. Meine Eltern sind gerade zu Besuch und wir sind auf unserer Reise in Siem Reap gelandet (wo die pure Gastfreundschaft durch die hohe Touristenzahl und die gefühlt noch höhere Zahl von Souvenirshops vielleicht am wenigsten zu erwarten wäre). Beim Booking von Fahrrädern, Bustouren und Touri-Aktivitäten wurden wir von dem jungen Angestellten der Travel Agency zum Abendessen ins Haus seiner Familie eingeladen. Als meine Eltern mich daraufhin ausfragten, was man denn am besten als Geschenk mitbringt, fiel mir auf, dass das in Kambodscha gar nicht üblich ist.

Angekommen bei der Familie, wurden wir mit Couch und Obst willkommen geheißen, während auf dem Boden ein Festmahl aufgetischt wurde: Salat, Loc-Lac (Rind mit Ei), Reis, gebratener Wasserspinat, gebratener Frosch und das leckerste Amok (nationales Currygericht mit Kokosmilch und verschiedenen Gewürzen), das ich bis jetzt gegessen habe. Komisch war für uns, dass von der Familie nur ein Sohn mitgegessen hat und sich der Rest der Familie im Hintergrund hielt. So als wären wir VIP-Ehrengäste. Immerhin stimmten die Eltern und ein weiterer Sohn später mit in die Gespräche ein, als ich anfing, meine Khmer-Sprachkenntnisse zu üben.

Unser Festmahl mit Teilen der Familie

Doch als die Mutter dann anfing, uns allen Geschenke zu überreichen, war es uns fast zu viel des Guten. Wie können wir bloß so viel Großherzigkeit erwidern? Diese Frage stelle ich mir oft, doch habe ich auch schon teilweise dazugelernt, dass die Kambodschaner einfach gerne durch Menschen eine andere Kultur kennenlernen und sich am meisten freuen, wenn sie diesen Menschen eine Freude bereiten können. Daher kann man diese Großherzigkeit am besten erwidern, indem man sie selbst an Andere weitergibt. Indem man selber offen und neugierig gegenüber anderen Gebräuchen ist und weniger misstrauisch gegenüber aufrichtiger Freundlichkeit. Indem man die Chance wahrnimmt, durch das Kennenlernen von anderen Menschen nicht nur über sie, sondern auch über sich selbst dazuzulernen. Und indem man Anderen durch die eigene Offenheit eine Freude bereitet.

Dschuob knier chap chap! (Bis bald)

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